Es gehört zur Natur des Menschen, sein natürliches Dasein zu überschreiten. Im Unterschied zu anderen animalischen Lebensformen nimmt der Mensch auf die Ausbildung seiner Fähigkeiten und Eigenschaften bewusst Einfluss. Diese Einflussnahme gewinnt durch den Einsatz von sogenannten Anthropotechniken eine neue Qualität, so dass mittlerweile schon die Frage nach der praktischen Umsetzbarkeit der alten Idee der Perfektionierung des Menschen aufgeworfen wird.
Die Idee der Perfektionierung steht in der Aufklärung noch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem zivilisatorischen Fortschrittsgedanken, der sich auf die sozialen, technischen, wissenschaftlichen und moralischen Anlagen des Menschen richtet. Rousseau gibt allerdings schon zu bedenken, dass die menschliche Fähigkeit der „perfectibilité“ auch zu moralischer und kultureller Selbstzerstörung führen könne.
Heute werden mit der Idee der Perfektionierung des Menschen konkrete Pläne zur biophysikalischen und genetischen Verbesserung der natürlichen Ausstattung verbunden. Es bleibt in der Regel offen, welches Ziel mit der Perfektionierung angestrebt und welches Menschenbild unterstellt wird.
Zudem wird nur selten deutlich, ob es um die Vervollkommnung der Gattung oder des Einzelnen gehen soll. Dieser Unterschied ist ethisch überaus bedeutsam, denn Menschen müssen zwar in der Lage sein, ihre „zweite Natur“ zu entwickeln beziehungsweise sich zur Person zu bilden, doch kann der Einzelne daraus für sich noch keinen Anspruch auf Perfektionierung oder Optimierung ableiten. Bei der ethischen Bewertung von Perfektionierungsvisionen müssen denn auch vor allem Bestimmungen wie Natürlichkeit, Authentizität, Fairness und Gerechtigkeit berücksichtigt werden.