Das 5. Ethik-Forum stellte anlässlich des 300. Geburtstags Jean-Jacques Rousseaus die Frage „Zurück zur Natur?“. In der Regel verbirgt sich hinter der Forderung nach einer Rückkehr zur Natur ein Entfremdungssyndrom. Es wird beklagt, dass man sich zivilisatorisch zu weit von den natürlichen Kontexten des Lebens entfernt habe. Zum eigenen Schaden wie zum Schaden der Natur seien die Grenzen eines zuträglichen Wachstums schon längst überschritten worden.
Wenn heute in der Politik und Ethik um neue Naturverhältnisse gestritten wird, ist nur sehr selten klar, was mit dem Ausdruck „Natur“ genau bezeichnet werden soll. Das gilt auch für die kritische Auseinandersetzung mit den einseitig nutzenorientierten Einstellungen zur Umwelt in den Bereichen der Wissenschaft, Technik und industriellen Produktion. Dieser Umstand ist nicht nur Vernachlässigungen zuzuschreiben, sondern dürfte auch damit zusammenhängen, dass der Begriff der Natur eine überaus komplizierte Bedeutungsgeschichte aufweist und mit seinen Verwendungsweisen eine Vielzahl von philosophischen Vorentscheidungen einhergeht. Bei der Klärung unserer Naturverhältnisse bietet es sich theoretisch wie praktisch an, auf die Bestimmungen der Biodiversität und Landschaft Bezug zu nehmen. Biodiversität und Landschaft zeigen an, wie Natur und Kultur intern aufeinander bezogen sind und auf welche Optionen und Zwänge wir uns bei einer Revision unserer Naturverhältnisse einzustellen haben.
Auf dem 5. Ethik-Forum wurde ein Diskurs über Natur zwischen Philosophie, Ethik, Biologie und Landschaftsökologie geführt. Auch wurden die Vorstellungen von Natur und Natürlichkeit, die in der Umweltethik und Ökologie eine tragende Rolle einnehmen, mit dem Ziel thematisiert, Möglichkeiten für eine normativ rechtfertigungsfähige Verwendungsweise des Naturbegriffs in Ethik und Politik aufzuzeigen.